Altweib* hat die Identitätskrise

d'Lëtzebuerger Land du 11.03.2022

Uff, schon wieder! Die Frauen haben ihre Tage, lange Tage lang voll von Frauenjoch und Frauenfron und Frauenschmach, ein großes Weh- und Anklagen landauf landab. Und wieder geht frau* die Decke hoch, huch! die ist aus Glas wie Schneewittchens Sarg. Aber dann wird wieder Aufmunterndes gepostet und es wird geprostet und sich ganz doll gefraut. Weil frau ja sowas Tolles ist, nämlich eine frau*. Die sogar Menschen machen kann, mit nur ganz wenig Zutaten von Herrn Mann. Aber nur wenn sie will natürlich. Und auch so wie sie will. Auch unnatürlich.

Frauentag wie Weihnachten, uff!, dann vorbei, Göttin*** sei Dank. Zumal es ja immer herausfordernder wird. Weil wer sind diese Frauen*** jetzt überhaupt, die ihre Tage haben? Nur die mit Menstruationsabgrund? Die mit Eierstöcken, oder gelten die nur mit Eiern auch? Und wer darf auf den Quotenplatz und in die Kemenate und aufs Klo, wer kriegt ein Extrawurst-Klo?

Die Bio-Frauen brüsten sich mit ihren Bio-Brüsten und warten mit einem hausgemachten Mutterkuchen auf, Gebärmütter ziehen mit ihren Gebärmüttern in die Schlacht, nur mit Blut ist gut. Trotzdem wollen sie nicht im Wartesaal von Person Doktor als menstruierende Person aufgerufen werden. Oder als Person mit Gebärmutter. Was ja auch schwer nachweisbar ist, was ist außerdem mit denen, die ihre Gebärmutter los sind, weil sie z.B. lose war? Ein soziales Konstrukt wollen sie aber schon gar nicht sein. Worauf sich die ohne Bio-Zertifikat voll entrüsten und manchmal gar aufrüsten.

Dann schwenken die einen wieder Kopftücher als feministische Flaggen, während die andern vehement die Köpfe schütteln, oft venerable Veteraninnen, denen Alice aus dem Wirtschaftswunderland, jetzt verschrien als reaktionäre Greisin, als Retterin erschienen ist. Als Erlöserin aus dem Käsesocken-Mief des Patrischnarchats.

Das Angebot der zahlreichen Feminismen kann Lai*in schon mal verwirren. Frauen die nur mal so Frau sind, nur mal so, weil sie es eben sind, haben sich längst vertschüsst. Sie haben zu tun. Dauer-Gender Studies und stets aktualisiertes feministisches Wording sind aber das Mindeste, um in der Babbel mitzuhalten. Und hier muss Fr-au! echt aufpassen nicht in die Schusslinie zu geraten. Überall gibt es rote Linien, tiefe Gräben, NOGOs, Tabus – und Softies sind die Sisters nicht.

Altweib* kriegt die Identitätskrise, hm, wer ist sie denn jetzt, so eine altbackene Cis-Sis vielleicht? Vielleicht gar noch eine von denen, die schluck! Penetrationssex (be)treiben, wie im allerfinstersten Industriezeitalter? Die noch daran glauben, dass so was Rückständiges wie Biologie existiert? Dass es ein Geschlecht gibt, das eine oder das andere zumeist und hin und wieder auch ein weiteres nicht weniger wundersames. Dass es dafür Beweise gibt. Sich wundern, dass das, was jedes Kind sehen kann und neugierig erforscht, plötzlich als unsäglich gilt, ja, dass es verdrängt gehört. Zumindest wenn es dem Weiblichen angehört. Weil es dem utopischen menschenmöglichen Menschen im Wege steht. Dem freien Menschen in einer freien Konsumgesellschaft, der endlich sein kann, was er wäre.

Aber bis wohin geht Trans? Geht es Altweib* zu weit? Kann sie noch mit? Will sie noch mit? Oder schwindelt ihr, weil sie ihr Geschlecht verwechseln könnte, vielleicht ist sie der Andere*? Wäre das Andere gewesen? Auf jeden Fall tritt sie derzeit als alte beige Frau auf, nicht ganz so schlimm wie alter beiger Mann, aber doch. Eine aus dem weißen Westen. So Old-School-Feministin, so zweite Welle, so Sechziger-Schäm.

Aber was ist sie jetzt genau, wenn Frau schon out ist? Ist sie jetzt guggelguggel eine Flint*? Ja, uff, Flinta* sind großzügig und sehr inklusiv, sie nehmen quasi alle, die keine bekennenden Testosteronbomber sind, sogar einfache Frauen finden hier Asyl. Und weiter, jetzt wird’s subtiler, eine guggelguggel Terf oder gar eine Swerf? Oder oh Schreck eine Fart? Ist sie jetzt binär oder nur schnarch-mononär? Oder ist ihr Gender gar fluid? Wird sie jetzt genderwahnsinnig, sieht sie nur noch Sterne? Schön eigentlich. Ob sich die alten beigen Männer* und die jungen bunten auch dauernd den Kopf zerbrechen, wer sie sind und gegen wen?

Michèle Thoma
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