Netzgesellschaft Creos

Décke Gas zu Mamer

d'Lëtzebuerger Land vom 18.02.2010

2007, noch ehe eine mögliche Fusion von Cegedel und Soteg mit der mehrheitlich ArcelorMittal gehören­den SaarFerngas AG zu einem re­gionalen Energiekonzern öffentlich spruchreif wurde, hatte das Wirtschaftsministerium das Terrain für die Bildung einer „nationalen Netzgesellschaft“ zu sondieren begonnen. In ihr sollten nicht nur möglichst alle Energieunternehmen ihre Netz-Töchter zusammenführen, weil die EU-Vorschriften zur Energiemarktliberalisierung sehr strikt den Energiehandel vom Transport und der Weiterleitung von Strom und Gas trennten. Minister Jeannot Kreckés Ansatz war auch, an der Gesellschaft so viele öffentliche Akteure wie nur möglich zu beteiligen.

Damals sah es so aus, als könnte der regionale Gasversorger Luxgaz s.a. einer der ersten Beitrittskandidaten sein. Sein Kapital wurde zu 30 Prozent vom Staat, zu 25 Prozent vom Gasimporteur Soteg, zu 13,7 Prozent von der Cegedel, zu 1,3 Prozent vom Berufsverband der Gasinstallateure und zu 30 Prozent von jenen 43 Gemeinden gehalten, die ihre Bürger durch Luxgaz mit Erdgas versorgen lassen. Doch heute ist noch nicht abzusehen, wann Luxgaz sich der Netzgesellschaft anschließen könnte, die mit Creos mittlerweile existiert.

Alles begann, als am 29. Oktober vergangenen Jahres auf einer außerordentlichen Luxgaz-Generalversammlung die 43 Gemeinden ihre Anteile in Creos-Aktien tauschen sollten: Weil in Artikel 173bis des Gemeindegesetzes steht: „Les communes et les syndicats de communes, dans les limites de leur objet, peuvent prendre des participations financières dans des sociétés de droit privé en vue d’une œuvre ou d’un service d’intérêt communal“, setzte der Mamer Bürgermeister Gilles Roth durch, dass über den Aktientausch die Gemeinderäte entscheiden müssten, um das kommunale Interesse festzustellen. Unterdessen ist das in den meisten Luxgaz-Gemeinden geschehen und wurde meist nur abgenickt. Nur in manchen Gemeinderäten, wie in Schüttringen vor ein paar Wochen, fragte man sich ganz kurz, ob man eigentlich gut bedient sei bei dem Tausch, der eine Luxgaz-Aktie mit 45 000 Euro bewertet.

Nicht so in Mamer: Dort lehnte der Gemeinderat den Aktientausch am 1. Dezember einstimmig ab. Bürgermeister Roth will mehr Geld von Creos: Seit die Gemeinde 1991 bei Luxgaz einstieg, habe sie insgesamt 20 Millionen Euro in ihr Gasnetz investiert und neue Anschlüsse geschaffen, solle aber nun lediglich 5 045 Creos-Aktien zum Nennwert von 469 000 Euro erhalten.

Der Konflikt ist auch nach dem Jahreswechsel noch nicht ausgeräumt. Dass Mamer derart insistiert, liegt auch daran, dass dort das umfangreichste Gasnetz aller 43 Luxgaz-Gemeinden liegt und Mamer poten­ziell am meisten zu gewinnen hätte. „Das Problem ist ja“, sagt Gilles Roth dem Land, dass das Angebot von Creos das gleiche gewesen wäre, wenn wir 20 Jahre lang nichts in unser Netz investiert hätten.“ Die Fédération des installateurs erhalte für ihren Anteil, der ungefähr doppelt so groß sei wie der von Mamer, doppelt so viel Ak­tienwert, „obwohl sie nie eine Investition in ein Netz getätigt hat“.

Am Donnerstag vergangener Woche hatten Wirtschaftsminister Krecké und Etienne Schneider, Creos-Chairman und Erster Regierungsrat im Wirtschaftsministerium, den Mamer Schöffenrat umzustimmen versucht. In Schneiders Augen argumentiert Roth grundfalsch: Als Luxgaz gegründet wurde, habe man festgestellt, dass die Schaffung eines Erdgasnetzes derart aufwändig wäre, dass eine Umlage der Kosten auf den Endverbraucher so hohe Gaspreise mit sich gebracht hätte, dass kaum ein Bürger seine Ölheizung durch einen Gasbrenner ersetzt hätte. „Wettbewerbsfähig wurde Erdgas durch den Deal, dass die Gemeinden damals das Ausheben der Gräben für die Gasnetze bezahlten und der Staat die Verlegung des Netzes subventionierte“, sagt Schneider. Das sei tatsächlich nicht berücksichtigt worden, als die gesamte Luxgaz zum Stand 2008 mit 67 Millionen Euro bewertet wurde. „Aber wie sollte es auch?“

Beim Treffen am vergangenen Donnerstag wurde abgemacht, dass beide Seiten die Argumente der jeweils anderen durchdenken würden. Den Mamer Bürgermeister beeindrucken die Verweise auf den „Deal von damals“ noch nicht: „Wenn Creos sich nicht bewegt, bewegen wir uns auch nicht“, sagte Roth am Tag nach der Begegnung mit Schneider und Krecké dem Land.

Dass Mamer seine Anteile nicht verkauft, ändert nichts am Creos-Beitritt anderer Gemeinden. Allerdings muss Luxgaz unter dem Dach von Creos vorerst weiter bestehen bleiben. Und mit Niederanven gibt es eine weitere Gemeinde, die das bisherige Angebot von Creos noch nicht zufrieden stellt. Wie in Mamer liegt auch in Niederanven ein umfangreiches Gasnetz. Und da beide Gemeinden CSV-regiert sind, könnte es vielleicht irgendwann nicht nur um Geld gehen: Aus steuerlichen Gründen kann Creos frühestens in einem Jahr versuchen, Luxgaz ganz zu fu­sio­nieren. Aber dann begänne die Diskussion um die Bewertung unter Umständen erneut. Und aus diesem Kräftemessen mit dem sozialistischen Wirtschaftsminister und seinem Spitzenbeamten ließe sich womöglich auch ein wenig politisches Kapital im Gemeindewahlkampf schlagen.

Peter Feist
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