„Little legs but a heart so strong“, trällerte ein Singer-Songwriter vor zwei Wochen auf dem Instagram-Kanal von Xavier Bettel. Der DP-Außenminister hatte ein Video gepostet, auf dem ein Dackel Hortensien zerbeißt. Dazu schrieb Bettel, er freue sich, zusammen mit seinem Mann Gauthier Destenay, ihr neues Familienmitglied namens Aspro vorstellen zu dürfen. Eine Woche später ist Aspro der bekannteste Politiker-Hund Luxemburgs. Beim Empfang des kapverdischen Premierministers vergangenen Donnerstag rückte Bettel ihn in die Hauptrolle: Während eines Spaziergangs zur Gëlle Fra trippelt Außenminister Bettel mit seinem Dackel an Premier Luc Frieden vorbei. Der CSV-Politiker schaut steif grinsend vor sich hin. Gab es einen speziellen Grund, weshalb Bettel den Hund auf die Staatsvisite mitnahm? Sein Pressesprecher verneint. Nur so viel erfährt man: Xavier Bettel hätte einmal pro Woche die Aufsicht über den Dackel.
Ob die kapverdische Delegation die Muppe-Show als respektlos wahrnehmen könnte, war für Bettel offensichtlich kein Thema. Bei einem Staatsbesuch von einer Wirtschaftsmacht wäre Aspro wohl kaum zugegen gewesen – von einem Dackel neben Friedrich Merz oder Xi Jinping hätte man ihm abgeraten. Insofern könnte Aspros Auftritt als Kommentar über den Stellenwert vom Kap Verde aufgefasst werden. Aber Bettel weiß, dass Algorithmen freundlich gegenüber Hunde- und Katzenvideos agieren. Und so kam es: Seine Follower und die Expat-Meme-Community aus der Hauptstadt freuten sich über Aspro. Letztere braucht die DP, um bei den Gemeindewahlen zu punkten. Dass Xavier Bettel „ganz stark bei de Leit ass“, ärgert die CSV-Konkurrenz. Mit Aspro schraubt Bettel seine Social-Skills erneut hoch. Auch die Studienlage gibt ihm recht: Die Professorin für politische Kommunikation Jennifer Hoewe hat kürzlich den Einfluss von Hunden in Social-Media-Beiträgen von Politikern in den USA untersucht und festgestellt, dass die Einbindung von Hunden die Interaktion mit dem Politiker sowie die Zustimmung zu ihm begünstigt. In einer älteren Publikation der Fachzeitschrift Perceptual and Motor Skills wird festgehalten, Haustierbesitzer würden zumeist freundlicher und menschlicher wirken und seltener der Betrügerei verdächtigt werden.
Bettel ist nicht der einzige Dackelbesitzer im Politikgeschäft. LSAP-Abgeordnete Taina Bofferding berichtet regelmäßig, wie es ihrem siebenjährigen Newton geht – dass sie mit ihm im Sommer in den österreichischen Bergen zelten war, dass er mit ihr durch Esch spaziert ist oder auf dem Gaalgebierg auf einer Bank saß. Am 10. Oktober stellte ADR-Parteipräsidentin Alexandra Schoos fest, dass Welthunde- und zugleich Welt-Mental-Health-Tag sei. Beides passe zusammen, schreibt sie, denn sie könne „sehr gut abschalten“, wenn sie mit ihrem Hund „in den Wald spazieren geht“. Ihre Beobachtung verkündet sie mit breitem Grinsen neben ihrem Terrier auf den ADR-Internetplattformen. Ihren flauschigen Welpen photoshoppte die LSAP-Politikerin Liz Braz am Tag des Thronwechsels auf den Stuhl, auf dem Guillaume vereidigt wurde. Auf gefühlt jedem zweiten Foto lichtet sie ihren Hund ab. „Ee mega schéinen Hierschtdag“, wünschte Landwirtschaftsministerin Martine Hansen über Facebook und postete ein Selfie mit ihrem tibetischen Hirtenhund. „Du hues ee schéine Mupp“, gratulierte ihr eine Followerin. Mit ihren Hundefotos erreichen die Politiker drei- bis fünfmal so viele Likes wie mit politischen Kommentaren.
Zwar sagte der Politikwissenschaftler Philippe Poirier im Rahmen der diesjährigen Polindex-Studie, dass 73 Prozent der Luxemburger (und 53 Prozent der ausländischen Einwohner) sich für Politik interessieren würden. Doch bei den allermeisten dürfte dieses Interesse nicht besonders tief gehen – Arbeit, Haushalt und Freizeitangebote zehren am Zeitbudget. Da kommen Haustiere als Mittel der emotionalen Ansprache und Wählerbindung gelegen – als Puppyganda-Taktik für Zwischendurch. Sie sollen einen Einblick in das Privatleben und den Alltag von Politikern geben – das Ganze „cute and fluffy“.