Der Kurzfilm Borderlovers von François Baldassare dokumentiert ein interkulturelles Kunstprojekt

Luxembourgish art(ists) meet(s) Portuguese

d'Lëtzebuerger Land du 30.07.2021

Was verbindet Anise Koltz und Sophia de Mello Breyner? Sie sind in ihren Herkunftsländern Berühmtheiten, die stellvertretend für eine Kultursparte (Literatur) stehen... Anise Koltz ist eine der bedeutendsten zeitgenössischen luxemburgischen Schriftstellerinnen. 2008 erhielt sie den Prix Servais, 2018 den Prix Goncourt de la poésie für ihr Gesamtwerk. Sophia de Mello Breyner Andresen war eine zentrale portugiesische Autorin. Sie erhielt 1999 als erste Frau den wichtigsten Literaturpreis des portugiesischen Sprachraums, den Prémio Camões. Die Gesichter der beiden Autorinnen wurden von den portugiesischen Künstlern Pedro Amaral und Ivo Bassanti im Rahmen einer Künstlerresidenz 2018 gemalt und sowohl in Kulturzentren (Centre Culturel Portugais – Camões) wie im öffentlichen Raum in Portugal und Luxemburg als Wandmalereien gezeigt.

Der Kurzfilm Borderlovers von François Baldassare versammelt Momentaufnahmen des Schaffensprozesses des Duos Amaral und Bassanti und dokumentiert den Druck der Künstler, in zwei Wochen rund 40 Porträts zu kreieren. – Eine Herausforderung, die sie motiviert und humorvoll meisterten. Es ist der dritte Film von Canopée Produktion asbl., der erstmals im Rahmen des openscreen@LuxFilm Festivals im März dieses Jahres online Premiere feierte und gerade auf den 74. Filmfestspielen in Cannes im Rahmen des Short Film Corner präsentiert wurde. In diesem Jahr ist Borderlovers dort unter den Kurzfilmen der einzige luxemburgische Beitrag.

Bereits mit Saltimbanques: Un portrait sur la joie hat Regisseur Baldassare seine Gabe bewiesen, Menschen sensibel vor der Kamera einzufangen. Der Kurzfilm über die vor Energie sprühende 82-jährige Straßenmusikerin Sonia Lettmann, die mit zwei Liedern und einem kaputten Akkordeon zu Fuß durch Frankreich tourt, wurde 2015 im Short Film Corner in Cannes gezeigt und erntete dort begeisterte Kritiken.

Die Idee zu Borderlovers entstand 2010, im Juni 2018 bezog das Duo die Künstlerresidenz der Canopée asbl. in Luxemburg. Ihr Vorhaben bestand darin, gemalte Porträts luxemburgischer und portugiesischer Persönlichkeiten aus der Kunst (Malerei, Film, Literatur und Musik) im Stadtraum zu präsentieren. In Windeseile verwandelten sie den Proberaum in ein Malatelier.

In nur 15 Tagen sollten die 40 Gemälde gemalt und ausgestellt werden. Irgendwann packte François Baldassare spontan seine Kamera aus und begann das Künstlerduo zu filmen. „Mit den Reisen hab ich verstanden, dass man sich mit sehr wenig Dingen einrichten kann“, sagt der Künstler Bassanti, anfangs am Küchentisch zwischen Farbflaschen und Bierbüchsen sitzend. Dann schwingt die Kamera in das improvisierte Atelier und man sieht die Maler Porträts nachzeichnen und die Flächen mit dem Pinsel mit satten Acrylfarben ausfüllen.

Die ersten Werke wurden am portugiesischen Nationalfeiertag im Centre Culturel Portugais - Camões gezeigt, anschließend wurden rund ein halbes Dutzend Mauern in Luxemburg-Stadt mit den Wandmalereien gestaltet. Da thront die Gëlle Fra neben Trixi Weis und Michel Rodange. Den luxemburgischen Berühmtheiten wurden jeweils portugiesische Persönlichkeiten aus der Kultur gegenübergesetzt. Auf der Mauer am Fischmarkt sieht man so die Maler Almada Negreiros und Joseph Kutter. In Clausen sind die Filmemacher Pol Cruchten und Pedro Costa und auf dem Gemäuer der ehemaligen Nationalbibliothek Sophia de Mello Breyner und Anise Koltz zu sehen. Im Abspann werden die Beats von Mir wëllen iech ons Heemecht weisen von Serge Tonnar eingespielt.

Die Gegenüberstellung lässt einen schmunzeln, dürften die Gesichter der luxemburgischen KünstlerInnen im Großherzogtum doch jedem kulturell Interessierten bekannt sein, während die portugiesischen KünstlerInnen hierzulande nur wenige kennen dürften. Das Projekt ist insofern ein Novum, als dass es portugiesische Künstler bei ihrem Wirken in Luxemburg zeigt und eine Brücke zwischen beiden Kulturszenen schlägt. – Angesichts der zweitgrößten im Land lebenden Gemeinschaft sollte so ein Projekt längst eine Selbstverständlichkeit sein. Mag der interkulturelle Ansatz auch etwas forciert wirken, so ist Borderlovers dennoch ein kurzweiliger Kurzfilm, der vor allem die Freude am gemeinsamen Wirken der zwei kauzigen Künstler einfängt.

Borderlovers von Françoise Baldassare;
Mit: Pedro Amaral und Ivo Bassanti. Produktion: Tessy Fritz/Canopée Produktion asbl.;
24:41 Minuten, in englischer Sprache

Anina Valle Thiele
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