Rapport Lycée

Karten auf den Tisch

d'Lëtzebuerger Land du 26.05.2011

Diese Woche geht es los, den Anfang macht Ettelbrück. Der Rapport Lycée, von den Schulen mit Spannung erwartet, vereinigt schulbezogene Daten und geht auf einen Auftrag der Abge­ordnetenkammer zurück, die für jede Schule ein „dispositif d’évaluation et d’accompagnement“ haben wollte auf Basis „d’un rapport annuel auquel chaque école peut recourir, pour élaborer un plan de développement de l’école et d’amélioration de la qualité et de son enseignement“. Das Protocole d’action qualité scolaire (Paqs) machte den Anfang, der Vorläufer hatte aber noch viele Lücken und wurde von den Schulen auch nicht konsequent zur Qualitätsverbesserung genutzt.

Mit der Schaffung der Agence pour le développement de la qualité scolaire soll das anders werden. Unter der Leitung der Bildungsexpertin Amina Kafai wurde der Bericht systematisiert und wird nun erstmalig den Schulen vorgestellt. Der Bericht erreichte sie diese Woche. Darin enthalten sind demografische Daten über die Zusammensetzung der Schüler- und Lehrerschaft einer Schule, nach Nationalität und Alter, aber auch nach Schulzweig, Milieu und Sprachhintergrund aufgeschlüsselt.

Besonderes Augenmerk dürfte dem zweiten Kapitel gelten, den Leistungsstanderhebungen. Hier sind Ergebnisse der Épreuves communes, der Épreuves standardisées sowie der OECD-Bildungsstudie Pisa aufgeführt. Eine Schule kann ablesen, wie gut ihre Schüler in den landesweiten Leistungstest im Vergleich zum nationalen Durchschnitt (oder dem OECD-Durchschnitt) ab-schneiden, aber auch, wie viele ihrer Schüler dem Unterricht entschul-digt oder unentschuldigt fernblieben, wie viele die Klasse wiederholen mussten oder keinen Abschluss schafften. Einige Ergebnisse dürften den Schulen zu denken geben, die hohe Zahl der Sitzenbleiber auf vielen zehnten Klassen etwa, oder der hohe Anteil an ungenügenden Noten. Vom Klassenwiederholen sind übrigens die bei Pisa durchschnittlich besser platzierten Proci-Schulen nicht ausgenommen. Obwohl Schüler in der siebten und achten Klasse automatisch weiterkommen, steigt die Zahl derer, die das neunte Schuljahr wiederholen wollen, drastisch, so dass einige Schulen regelrechte Klassen für Wiederholer anbieten.

Die Daten geben zudem Auskunft über das Abschneiden einzelner Klassen in einer Schule, wobei die Interpretation mit Vorsicht vorzunehmen ist. Bei den Épreuves communes handelt es sich nicht um standardisierte Tests, sondern um Momentaufnahmen. Wenn also die Quote einer Klasse besonders gut ist, muss das nicht an der sehr guten Leistung der jeweiligen Schüler respektive des Lehrers liegen, das Niveau der Testaufgaben kann ebenfalls eine Erklärung sein. Umgekehrt muss ein besonders hoher Anteil von ungenügenden Noten nicht zwangsläufig heißen, dass der Unterricht schlecht war oder die Schüler am Tag des Tests unmotiviert. Ein Grund könnte beispielsweise ein hoher Anteil an Nicht-Luxemburgern oder Quereinsteigern (primo-arrivants) sein. Damit bei der Interpretation keine Fehler geschehen, und aus den Daten nicht gelesen wird, was sie nicht aussagen, wird ein Team von Statistikexperten die Ergebnisse mit den Schulen gemeinsam diskutieren.

Dabei bleibt es nicht. Der Schulbericht dient dazu, dass Schulen ihre Stärken und Schwächen besser erkennen – und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Das können Förderkurse für sprachschwache Schüler sein, oder Weiterbildungen für Lehrer, etwa in Fremdsprachendidaktik und Differenzierung. Im dritten Kapitel ist daher jede Schule aufgefordert, Verbesserungsvorschläge zu machen. Alle Angaben sind streng vertraulich, die Berichte sind nicht öffentlich. Lehrer, Schüler und Eltern können höchstens über den Conseil d’éducation die weitgehend anonymisierten Resultate einsehen, ein landesweites Ranking ist nicht vorgesehen. Der Bericht dient vielmehr als internes Instrument zur Qualitätsverbesserung, wobei sich Qualität, das ist kritisch anzumerken, derzeit hauptsächlich an den Leistungen der Schüler in den Hauptfächern bemisst.

Die Verantwortlichen tüfteln derweil an der Verfeinerung ihrer Messinstrumente: In Zukunft soll es noch besser möglich sein, die Resultate vor dem Hintergrund des sozio-ökonomischen Profils einer Schule zu lesen. Dann wären, ähnlich wie bei Pisa, beispielsweise mehr Aussagen darüber möglich, ob Schulen, die von vornherein über eher lernstarke Schüler verfügen, diese entsprechend stärker fördern – oder ob ihre gute Resultate lediglich einer „guten Vorauslese“ zuzuschreiben sind.

Ines Kurschat
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