Im Rhythmus eines Tages pro Monat gedreht, fängt der Film die Veränderungen und Wiederholungen im Leben von zwei thailändischen Frauen ein, die in Amsterdam wohnen, das ein ganzes Jahr lang. In A Place Called Home, bei dem Pattrawan Sukmongkol und der Luxemburger Max Jacoby gemeinsam Regie geführt haben, folgt die Kamera dem Alltag des Geschwisterpaars in einer Wohnung: Das Auge der Betrachterin folgt ihnen beim Baden, Kochen, beim Pflücken von Chilischoten, beim Telefonieren mit der Familie ... Die liebevolle Zubereitung der Speisen ist zentral: ein tägliches Ritual, mit dem man sich ein Stück Heimat in der Ferne zurückholt.
Der rund 60-minütige Film ist eine Doku-Fiktion, die auf 16 Millimeter gedreht wurde. Die statischen Aufnahmen sind fast alle in ein und derselben Wohnung aufgenommen. Immer wieder nimmt die Kamera dieselbe Perspektive ein, filmt einen Flur und durch Fenster hinaus auf die Straße. Vor dem Fenster eine Straßenbahn und Häuserfronten, auf den verwaisten Straßen herrscht kaum Treiben. Selbst die einst liberalen Niederlande sollten – wenngleich später als andere – in Zeiten der Covid-19-Pandemie irgendwann eine Ausgangssperre verhängen. Wie belastend diese Zeit der Isolierung für viele war, kommt erst langsam ans Licht.
Die Figuren sind unwirklich durchscheinend, ihre zarten Silhouetten mitunter geisterhaft zerbrechlich. Die langsamen, stillen Aufnahmen halten ihre Unsicherheit und ihre ungewisse Zukunft fest, wie wohl den Wechsel der Gezeiten. Durch die Fenster sieht man das Rauschen der Blätter, den Schnee auf den Straßen. In der Wohnung führen die Frauen Gespräche, über das, was ein Zuhause ausmacht. Wie an ein Visum kommen und sich einen Job beschaffen? Wie jenseits des Begehrens und der Einsamkeit einen Partner finden, der nicht verrückt oder durchgeknallt ist?
Ein belangloses Tinder-Date wird nicht explizit gefilmt, sondern nur die Dialoge mitgeschnitten und wiedergegeben: ein Hintergrundrauschen, bei dem es knistert. Für die Leere und Einsamkeit ihrer Figuren in Zeiten der Pandemie findet das Filmemacher-Paar gute Bilder. Der Film ist durchzogen von einer leisen Sehnsucht, es ist ein Möglichkeitsraum thailändischer Migrantinnen in einer prekären Gegenwart und ungewissen Zukunft. Die Filmemacher/innen verzichten gänzlich auf Pathos und Gewalt. Hätte man in einer anderen Zeit draußen gedreht, so hätte man Begegnungen mit Niederländer/innen einfangen können oder wohl auch rassistische Ressentiments. Die beengten Wohnverhältnisse spiegeln die Unsicherheit der Figuren, die sich erzwungen durch die Pandemie in diesem Schwebezustand eingerichtet haben, wider. A Place Called Home ist ein poetischer Beitrag über Zukunfts-Ängste und Träume in einer Periode, in der die Zeit stehen blieb, alles und nichts möglich schien.