Rechtsstreit Uni versus Ziegler

For his eyes only

d'Lëtzebuerger Land du 30.09.2011

Am Körper lila Hemden und lila Blumen in der Hand trugen die Unterstützer: Am Dienstagmorgen fand vor dem Friedensgericht der Stadt Luxemburg die Anhörung im Fall Gudrun Ziegler statt. Der bei ihren Arbeitskollegen und Studentinnen offenbar beliebten Sprachwissenschaftlerin und ehemaligen Leiterin des Master in Learning and development in multilingual and multi-cultural contexts war der befristete Arbeitsvertrag von der Uni zum 31. August gekündigt worden. Dies, wie der Dekan der Humanwissenschaftlichen Fakultät Michel Margue und sein Vize Georges Steffgen betonten, wegen zweier negativ ausgefallener Evaluationen ihrer Arbeit.

Vor Gericht ging es nun darum zu klären, ob es sich, wie Zieglers Rechtsbeistand Gaston Vogel behauptete, tatsächlich um einen unbefristeten Vertrag handelt. Vogel argumentierte, die Aus[-]nahmeregelung im Universitätsgesetz, die es der Uni erlaubt, Forscher befristet anzustellen, sei rechtlich nicht zulässig und verstoße wegen „Ungleichbehandlung“ sogar gegen die Verfassung. Der befristete Vertrag von Gudrun Ziegler sei weder „rationell begründet, noch verhältnismäßig“. Dabei beruft sich der Rechtsanwalt auf eine Gerichtsentscheidung zu den Chargés de cours aus dem Jahr 2006. Damals war der Staat verurteilt worden, nachdem er jahrezehntelange in Luxemburgs Schulen tätige Chargés de cours auf zwei Jahre befristete Arbeitsverträge gegeben und diese wiederholt verlängert hatte, diese in unbe-fristete umzuändern.

Dieses Urteil spiele in diesem Fall keine Rolle, hielt Romain Adam, Rechtsbeistand der Universität, dagegen, da die Chargés de cours in den Schulen dieselbe Arbeit wie die Lehrer gemacht hätten. Deshalb sei eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt gewesen. Befris-tete Verträge für Forscher an der Uni seien jedoch gesetzlich zulässig, und der Vertrag von Frau Ziegler gängige Praxis und von ihr ja auch unterschrieben und damit akzeptiert. Nicht diskutiert wurde die Frage, ob die Leitung eines Studiengangs im Rahmen eines befristeten Forschervertrags zu erfolgen hat, oder ob die Tâche nicht eher einen unbefristeten Vertrag voraussetzt. Anwalt Vogel jedenfalls kritisierte die „große Unklarheit“ bei der Vergabepraxis von befristeten und unbefristeten Forscherverträgen.

Gegensätzlicher Meinung waren beide Parteien auch, was die Herausgabe der Evaluation angeht, die die Klägerin beansprucht. Die Uni hält beide intern angefertigten Evaluationen von Gudrun Zieglers Arbeit unter Verschluss, mit dem Argument, wie Rechts-anwalt Adam ausführte, die Berichterstatter schützen zu wollen. Gleichzeitig hatte der Vizedekan selbst in einem Interview mit dem Luxemburger Wort und mit dieser Zeitung die Ergebnisse der Evaluation als Begründung für die Nicht-Verlängerung des Vertrags angeführt.

Auf das Argument, wie denn die betreffende Person ihre Arbeit verbessern könne, wenn sie die Bewertung überhaupt nicht kenne, ging Adam nicht näher ein. Dass die Uni die Prozedur just in diesem Punkt des Règlement d’ordre intérieur Anfang Juli abgeändert hatte – künftig können evaluierte Personen ihre Bewertung einsehen – kommentierte er lakonisch: „Vielleicht ist es jetzt besser.“ Er bestand jedoch darauf, dass die Uni die Berichte nicht herausgegeben könne, da die Berichterstatter diese nur für den Dekan („and for his eyes only“) geschrieben hätten und sie nicht Teil der Personalakte seien. Allerdings sieht das Arbeitsrecht vor, dass jeder Arbeitnehmer Zugang zu seinem persönlichen Dossier hat – eine Hausordnung dürfte dieses Recht kaum außer Kraft setzen. Vom Lëtzebuerger Land kontaktiert, hatte einer der Berichterstatter zudem angegeben, keine Probleme mit der Weitergabe seiner Einschätzung an die betreffende Person zu haben.

Die Entscheidung des Gerichts ist für den 11. Oktober angesetzt.

Ines Kurschat
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