Monarchie

Staatsbesuche und Feuerwehrfeste

d'Lëtzebuerger Land vom 11.11.1999

Weil es dem auf Lebzeiten herrschenden Staatsoberhaupt in einer Monarchie etwas an demokratischer Legitimation mangelt, muss es auch in einer parlamentarischen Demokratie in den Mantel des Außergerwöhnlichen gehüllt bleiben. So wird selbst sein Abgang nach 35 Jahren in den Ruhestand außergewöhnlich und damit zum Heumonat für die Souvenirindustrie.

Noch hat der 78-jährige Großherzog Jean seinen bevorstehenden Rück-tritt nicht offiziell angekündigt, und darüber zu reden gilt als Mangel an Respekt, da werfen die Éditions Saint-Paul das erste Geschenkalbum auf den Gedenkmarkt.

Unter dem Titel Le Grand-Duc Jean sind rund 100 Fotos der beiden Pressefotografen Jean Weyrich und Lé Sibenaler versammelt, die im Auftrag des Luxemburger Worts jahrzehntelang das für die Öffentlichkeit inszenierte Geschehen am großherzoglichen Hof ablichteten. In chronologischer Reihenfolge sind viele steife Gruppenfotos auf Treppen, händeschüttelnde Staatsoberhäupter und einige ebenso posierte Familienaufnahmen aneinandergereiht. Ob bei Staatsbesuchen oder Feuerwehrfesten, alle Bilder sind darauf bedacht, Würde und Harmonie, väterlicher Fürsorge, vornehme Volksnähe und wohlbehütete Tradition darzustellen.

Der dreisprachige Einführungstext beschränkt sich auf das unvermeidliche Minimum. Ehrenstaatsminister Pierre Werner beruft sich auf die Namensverwandtschaft zu Johann dem Blinden, dem letzten Ritter und Großvater der Schobermesse, um die historische Größe von Großherzog Jean zu belegen. Wort-Redakteur Steve Heiliger füllt unter dem Titel "Vornehm und liebenswert" mit Mühe und Not zehn Seiten Nettigkeiten, die in der Aufzählung der wichtigsten Pfadfinderauszeichnungen des Herrschers gipfeln.

In einer aufgeklärten Demokratie hat auch ein monarchisches Staatsoberhaupt am Ende seiner Amtszeit eine politische und historische Würdigung verdient. Doch dies ist nicht das Geschäft der Souvenirindustrie.

 

Le Grand-Duc Jean. Éditions Saint-Paul, Luxemburg 1999. 275 S., 2 250 Franken

 

Romain Hilgert
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