Kino

Eine neue Stufe der Immersion

d'Lëtzebuerger Land du 27.10.2023

Am Mittwoch, 18. Oktober 2023, eröffnete Kinepolis das erste Imax-Kino in Luxemburg im Kinepolis-Kirchberg-Komplex – dafür wurde der Vorführraum 1 weitestgehend umgebaut: Eine größere Leinwand kommt zum Einsatz, sie wurde bis zu drei Meter näher an die Sitzreihen geführt, um so den Sitzabstand zur Leinwand zu verkürzen und das Sichtfeld des Publikums voll zu beanspruchen, ganz im Zeichen der Immersion. Es sind Optimierungen, die im Wesentlichen auf den immergleichen Achsen ausgerichtet werden: bessere Bildauflösung, höherer Kontrast, sattere und hellere Farben, gesteigerter Schwarzwert, tieferer Bass.

Am Vortag fand eine Pressekonferenz statt, auf der das immersive Kinoerlebnis und seine Umsetzung vorgestellt wurden. Anschließend wurde der neue Film von Martin Scorsese, Killers of the Flower Moon, gezeigt. Maud Franz von Kinepolis eröffnete die Pressekonferenz und stellte das neue immersive Kinoerlebnis vor. John Schreiner, ein Imax-Sprecher aus Dublin, der die Einführung von Imax-Sälen in der gesamten Emea-Region betreut, erklärte, dass Imax in 93 Ländern vertreten ist und allein in diesem Jahr 110 neue Kinosäle eröffnet wurden. Die Bemühungen des Unternehmens, stets auf Perfektion zu zielen, erklärte er damit, dass viele Kinobesucher sich ein erweitertes, besseres Kinoerlebnis wünschen. Es gelte ein Angebot zu schaffen, das das Kino als Ort attraktiver mache und so dem Heimkinoerlebnis entgegenzuwirken. Nicht nur sind heute Streamingdienste populär, auch haben sich die Wesensmerkmale der filmischen Bildrezeption grundlegend verändert. Einen Kinofilm kann man heute auch auf dem Smartphone sehen, der Bildschirm und mithin das Bild tragen wir in unseren Taschen ständig mit uns. In diesem Kontext sind die Bestrebungen des kanadischen Unternehmens heute vielleicht wieder wichtiger geworden. Den Film als mediales Ereignis starkzumachen, dafür steht Imax. Ihre Laser wurden speziell entwickelt, um schärfere Bilder zu generieren und präziseren Sound zu bieten. Es zeichnet sich durch ein 4K-Laserprojektionssystem aus, das mit einer neuen Optik, maßgeschneiderten Linsen und einer Reihe exklusiver Technologien ausgestattet ist, die hellere Bilder mit höherer Auflösung, tieferem Kontrast und einer größeren Farbpalette bieten.

Zur Demonstration der Imax-Technologie wurden verschiedene Filmausschnitte aus Trailern vorgeführt, darunter Dunkirk, Napoleon, The Greatest Showman, Wonka und Aquaman 2, die die Vorteile des Seitenverhältnisses der Leinwand, die hochauflösende Bild- und Tonqualität vorstellen sollten. Nach Angaben von Kinepolis werden alle neuen Imax-Standorte mit Imax-Lasern ausgestattet, einem Laserprojektionssystem der neuen Generation und einem Mehrkanaltonsystem, das es nur in solchen Sälen gibt.

Es ist mithin schwierig, vielleicht verfrüht, sich einen ersten Eindruck dieser neuen Vorführtechnologie zu machen – zum einen waren die Umbauarbeiten per se limitiert auf die Grundgegebenheiten des Raumes, der Vorführsaal 1 auf Kirchberg war zwar mit seiner bisherigen Leinwandbreite von nahezu 18 Metern der größte Saal des Komplexes, doch war er bei der Konzeption nie spezifisch auf Imax-Standards ausgerichtet worden. Anders als in vielen Großstädten, wo die gesamte Räumlichkeit, sozusagen die Hülle, auf das Imax-Kino eigens gebaut und zugeschnitten wurde, der Raum Teil des Konzepts ist, so war die äußere Hülle hier bereits vorhanden. Zum anderen war der Vorführfilm Killers of the Flower Moon kein Film der reinen Immersion durch die neuesten Errungenschaften im Bereich der Tricktechnik, wie James Camerons Avatar, noch ein Film der audiovisuellen Überwältigung wie bei Christopher Nolan, einem kompromisslosen Verfechter dieser vereinnahmenden Technologie. Scorseses Werk ist kein Film sinnlicher Verführung, wie etwa Casino oder Wolf of Wall Street, es ist ein bedächtiger, elegischer Film, in der Folge sind die audiovisuellen Stilmittel sehr zurückgenommen. Abzuwarten bleibt, wie eigene Imax-Produktionen, etwa die Nolans oder größere Blockbuster, in Zukunft in diesem Saal abschneiden werden. Zweifelsohne ist mit der Eröffnung des Imax-Saals im Kinepolis-Kirchberg eine neue Stufe der Immersion erreicht – eine Form des Bild- und Tontransports, die Film als Kunstform versteht und ernstnimmt. Im November soll dann Ridley Scotts Historienepos Napoleon in Imax zu sehen sein, ferner bleibt zu hoffen, dass – sollte er einen Kinostart in Luxemburg erfahren – der von Neon vertriebene Ferrari von Michael Mann in Imax vorgeführt wird; ein Film von überwältigendem filmischen Sinneseindruck: Bestechender Glanz roten Stahls, Motoren, die tieffrequent aufheulen – der Rennsport als sinnliches Filmerlebnis; ein Film, der die tödliche Leidenschaft und die furchtbare Freude, wie es da heißt, in immersiven Bild- und Toneinstellungen in die filmische Kunstform überführt.

Marc Trappendreher
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