Ardennen-Neopaganismus

d'Lëtzebuerger Land vom 18.04.2025

Wéris – das neue Stonehenge der Ardennen? Yael Dansac sieht Anzeichen für einen solchen Trend, der sich derzeit herauszubilden scheint. Am 24. April wird die Anthropologin an der Universität Luxemburg einen Vortrag dazu halten. Dansac befasst sich mit zeitgenössischen spirituellen Praktiken, die sich auf Megalithen, also prähistorische Steinformationen, beziehen. Rund um das Dorf Wéris, am Rande des Naturparks Fagne-Famenne gelegen, sind über mehrere Kilometer verstreut Menhire aus der Jungsteinzeit zu finden. Inzwischen werden dort während der Frühjahrstagundnachtgleiche neopagane Rituale abgehalten. Dabei handeln wallonischen und flämischen Gruppierungen getrennt voneinander.

Die von Dansac im Rahmen ihrer Forschung interviewten Personen waren überwiegend Frauen im Alter zwischen 24 und 70 Jahren, meist mit höherer Bildung. Typisch für heutige spirituell Suchende ist, dass sie Veranstaltungen nach einem Pick-and-Mix-Muster besuchen: Sie nehmen an Kursen und Ritualen teil, ohne sich an eine bestimmte Organisation oder Glaubensgemeinschaft zu binden. Was ein Gefühl von Autonomie fördert, aber auch zu einer eher lockeren Praxis führt. Trotzdem beobachtet die aus Mexiko stammende Anthropologin, dass solche Rituale tiefgreifende, lebensverändernde Erfahrungen ermöglichen könnten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchten Antworten auf Fragen wie: „Was ist mein Platz in der Welt?“ Sie würden besonders Spiritualitäten schätzen, die als vor- oder nicht-christlich gelten, etwa Neoschamanismus, theosophischer Okkultismus, Neopaganismus und fernöstliche Lehren.

Nicht weit von Wéris entfernt liegen die Menhire von Oppagne. Um das Jahr 2011 tauchten dort plötzlich an einem Birnbaum Stoffbänder mit Sprüchen in Französisch und Niederländisch auf, zumeist mit Danksagungen an die „Geister der Natur“. Laut Dansac ist dies Ausdruck einer wachsenden Verbreitung animistischer Vorstellungen. Rund um Wéris scheint sich aber nicht wirklich ein neuer Spiritualitätsmarkt herauszubilden, wie eine kurze Recherche im Internet zeigt. Wer mehr erfahren möchte, kann sich am Donnerstag um 18 Uhr zu Yael Dansacs Vortrag in die Maison des Sciences der Uni Luxemburg in Belval begeben.

Stéphanie Majerus
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