„D’Situatioun a Griichenland ass dramatesch, mä d’Eurozon ass sécher!“ Freute sich vor zehn Jahren der damalige Finanzminister Pierre Gramegna im Parlament. „D’Mäert hu ganz geuerdnet reagéiert an den Euro ass op 1,12 Dollar stabel bliwwen“ (1.7.2015).
Der Bankenkrach, die Wirtschaftskrise 2008 trafen Griechenland besonders hart. 2010 war der griechische Staat zahlungsunfähig. Die Troika von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds lieh Griechenland Milliarden, um seine Schulden bei den französischen und deutschen Banken zu begleichen. Finanziert mit Sozialabbau und dem Ausverkauf des Staats.
In der sozialen Krise erhielt die Koalition der Radikalen Linken (Syriza) Anfang 2015 die Hälfte der Parlamentssitze. Um dem globalen Kapitalmarkt die Stirn zu bieten. Den Menschen ein würdiges Leben zurückzubringen. Davids Taktik gegen Goliath war die Internationalisierung seiner verzweifelten Lage.
Deshalb erklärte der ehemalige FNCTTFEL-Präsident Nico Wennmacher dem LSAP-Kongress im März 2015: „Vill Leit an Europa verbanne mat engem méigleche Succès vun de Griichen d’Hoffnung, datt d’Austeritéit, d’Liberaliséierungen a Privatiséierungen en Enn kréien.“ Umgehend drohte Vizepremier Etienne Schneider, ein Schuldenschnitt koste die Luxemburger Steuerzahler „400 bis 500 Milliounen“. Parteipräsident Claude Haagen belehrte, der Rechtsstaat gelte für jeden, alles andere sei „Populismus“. Dann stimmten die Delegierten gegen die Griechen und für das Triple-A.
Die Koalition aus DP, LSAP, Grünen teilte die Unnachgiebigkeit des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble. Im Interesse der Banken hatten Euro-Gruppe, Zentralbank die Macht in der EU übernommen. Sie machten keinen Hehl mehr daraus, dass Wirtschaftspolitik und Demokratie unvereinbar geworden sind.
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wollte verhindern, dass Griechenland die Eurozone verließ. Er bot dem Land Zugeständnisse an. Er hatte die Rechnung ohne Schäuble und Euro-Gruppenpräsident Jeroen Dijsselbloem gemacht: „All the concessions in the drafts presented by Juncker the previous night and by Pierre [Moscovici] a few moments earlier had been expunged.“ Erinnerte sich der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. „I knew that those with real power would strike us down pitilessly in order to teach Moscovici and Juncker a lesson and beat the European Commission back into its pen“ (Adults In The Room, London, 2017, S. 262).
Im Sommer 2015 bot die EU Griechenland weitere Darlehen an. Zum Preis eines dritten Memorandums auf Kosten der Arbeiter, Rentnerinnen, Schulkinder, Kranken. Der linke Flügel von Syriza wollte zur Landeswährung zurückkehren, um die innere Abwertung zu beenden. Der rechte Flügel wollte um jeden Preis den Euro behalten. Bei einem Referendum am 27. Juni stimmten 61,3 Prozent der Bevölkerung gegen das Memorandum.
Nach dem Referendum stellte die EU der griechischen Regierung ein Ultimatum: weitere Strukturreformen zu unterschreiben oder die Europäische Zentralbank sprenge das griechische Bankwesen. Die griechische Regierung kapitulierte und unterschrieb. Das verfügbare Realeinkommen der Griechen liegt heute 44 Prozent unter dem Niveau von 2009.
Finanzminister Gramegna behielt recht. Als er zum Referendum meinte: „Et gëtt probéiert, de Griichen ze zielen, datt se iwwer eng Propos géifen ofstëmmen. Ech mengen net, datt deem esou ass“ (1.7.2015). Politiker fühlen sich den Märkten, nicht den Wählern rechenschaftspflichtig. Am 3. Juli 2015 verlangten 200 Leute vor seinem Büro einen Schuldenschnitt.
Gewerkschafter Nico Wennmacher behielt auch recht. Deshalb musste die EU an Griechenland ein Exempel statuieren. Damit jede linke Alternative zum
neoliberalen Durchmarsch auf Kosten der Schwachen unvorstellbar wird. Als Protest gegen die herrschenden Verhältnisse werden seither Faschisten in Bomberjacken oder Dreiteilern gewählt. Im Europaparlament sitzen schon 192 von ihnen.