Terrorismus vor Gericht

d'Lëtzebuerger Land vom 18.07.2025

Steve Duarte wurde diese Woche zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er war 2014 von Meispelt nach Syrien gereist und hatte sich dort dem sogenannten Islamischen Staat (IS) angeschlossen. Neben ihm wurden auch drei weitere Dschihadisten aus Luxemburg verurteilt, die jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach bei Gefechten ums Leben kamen. Duarte war innerhalb der Terrororganisation IS vor allem für die Online-Propaganda zuständig und hatte die Aufgabe, neue Mitglieder anzuwerben. Angeklagt wurde er wegen Mitgliedschaft einer Terror-Organisation, Aufruf zu Gewalt sowie Mord. Laut einer Videoaufnahme soll Duarte eine Geisel im Irak erschossen und zur Tötung von vier weiteren Geiseln aufgerufen haben, wie das Wort berichtete. Der portugiesische Staatsbürger Duarte soll sich derzeit in einem kurdischen Gefängnis in Nordsyrien befinden. Allerdings stammen die letzten Lebenszeichen von ihm, die die luxemburgischen Behörden erhalten haben, aus dem Jahr 2022. Der heute 38-Jährige war 2019 gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern beim Versuch festgenommen worden, die irakisch-syrische Grenze zu überqueren.

Während des Prozesses wurde – dem Tageblatt zufolge – insbesondere aufgearbeitet, wie es zur Radikalisierung der IS-Anhänger gekommen war. Alle vier Terroristen besuchten regelmäßig die Tewhid-Moschee in Esch/Alzette, wo einer der vier als Sekretär fungierte, und beteiligten sich in Esch und Luxemburg-Stadt an Koranausgaben zu Rekrutierungszwecken, wie der Staatsanwalt ausführte. In der hauptstädtischen Fußgängerzone kam ihnen der damalige DP-Bürgermeister Xavier Bettel dazwischen und untersagte das Vorgehen. Neben Mitglieder der Escher Moschee, spielten, wie die Ermittlungen ergaben, auch das Internet und Kundgebungen des deutschen Extremisten Pierre Vogel eine Rolle bei der Radikalisierung der Jugendlichen. Steve Duarte konvertierte Ende 2006 zum Islam und radikalisierte sich ab 2010 zunehmend, was zu Konflikten in seinem sozialen Umfeld führte.

Während des Prozesses wurden die vier nun Verurteilten als leichte Beute für den IS dargestellt, sie seien psychisch labil und sozial isoliert gewesen. Der IS diente ihnen möglicherweise als „eine wunderbare Chimäre für die Umsetzung männlicher Allmachtsfantasien“, wie der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze die Terrororganisation bezeichnete. Diese Form der Selbstermächtigung sieht er auch als zentrales Element bei Amokläufern oder Rechtsradikalen. Generell seien Islamismus und (rechter) Radikalismus anti-liberale Reaktionen auf gesellschaftliche Modernisierungsprozesse und daher eher als Spiegelbilder denn als grundsätzlich unterschiedliche Phänomene zu verstehen. Beide Bewegungen operierten mit autoritären Tendenzen, lehnten pluralistische Gesellschaftsformen ab und idealisierten eine romantisierte, vergangene Ordnung. Vor zwei Wochen fand auf dem Heilig-Geist-Plateau der Prozess des Rechtsextremisten Alexander H. statt. Er schwärmte von einem „weißen Ethnostaat“ und wollte eine Paketbombe an eine Filmproduktionsfirma schicken, die einen inklusiven Werbeclip gedreht hatte. Die Vorwürfe gegen ihn sind mit jenen von Duarte nahezu austauschbar, sie lauten unter anderem: Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung Anwerbung von Mitgliedern für eine terroristische Vereinigung und Attentatsplanung. In seinem Kinderzimmer fanden die Ermittler zudem neben Hitlers Mein Kampf das Al-Qaeda Terrorist Manual. Das Urteil von Alexander H. steht noch aus.

Stéphanie Majerus
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