Die luxemburgische Post-Doom Band tourte durch Großbritannien, um ihr erstes Album zu promoten. Kraton traf dabei auf leidenschaftliche Metalheads

Kraton lässt Camden beben

Kraton auf der Bühne in Camden
Photo: CB
d'Lëtzebuerger Land du 05.09.2025

Vergangenen Freitagabend fand in Camden der gewohnte Wochenend-Übergang statt: Cafés räumten ihre Klappstühle ein, Läden schlossen ihre Türen und viele Touristen, vor allem Familien, machten sich wieder auf den Weg zur Tube. In den Straßen Camdens, berüchtigt für sein eklektisches Nachtleben, wird die Musik nun lauter. Aus einigen Pubs strömen Gitarrenriffs und Drum-Wirbel von Bands, die gerade ihre Soundchecks durchführen.

Die Mitglieder der luxemburgischen Post-Doom Metal Band Kraton unterhalten sich an einem Tisch im Devonshire Arms, einem bekannten Metal Pub, in dem sie an diesem Abend auftreten. Aus den Lautsprechern dröhnt düsterer Metal, in einer Lautstärke, bei der man sich nett unterhalten kann.

„Wir wollten schon seit längerem eine kleine Tour machen, mit vier bis fünf Konzerten“, sagt Véronique Conrardy, Schlagzeugerin. Um diese zu organisieren, suchte sie Kontakt zu anderen Musikern, ganz nach dem altbewährten Do-It-Yourself Motto des Rock'n'rolls, aber mit Hilfe sozialer Medien. Schließlich fand sie eine Facebook-Gruppe für tourende Underground Bands. Deadwave Records, ein Musikverlag samt Booking-Agentur in Margate, im Südosten Großbritanniens, war bereit, die Band zu buchen. „Soziale Medien machen es einfacher, doch es gibt auch viel Konkurrenz, weil quasi jeder Zugang hat“, sagt Véronique Conrardy. Sie versicherte sich auch, dass es sich bei Deadwave Records um seriöse Leute handelt. Denn Beispiele von Betrug kennen die Musiker aus ihrem Umfeld. Der Gitarrist Jacques Zahlen erinnert sich an eine Band, die hohe Summen an einen Booker zahlte, ohne dass er jedoch alle versprochenen Konzerttermine organisierte. „Solche Sachen können immer noch passieren“, sagt er.

Doch für Kraton lief alles bestens. Die Band trat vor dem Konzert in London bereits in Bristol und Newport auf. Ein zweites Konzert in London musste abgesagt werden, doch Deadwave Records konnte die Band noch kurzerhand in einem Lineup in Ipswich unterbringen. Von Kultur:LX erhält Kraton finanzielle Unterstützung, und in einem Workshop über DIY-Touring, der in der Rockhal veranstaltet wurde, lernten der Sänger Mike Bertemes und Véronique Conrardy einige Tipps für ihre Tour.

Zusammen mit dem Bassist Patrick Kettenmeyer und dem Gitarrist Ken Poiré haben Jacques, Véronique und Mike im November Monolith veröffentlicht, ihr erstes professionell aufgenommenes Album. Die Band, die es bereits seit 2011 gibt, hat mit diesem Longplayer einen Stilwechsel angekündigt, den die Musiker über Jahre verfeinert haben.

Die neuen Stücke enthalten mehr „cleane Teile“, also solche, wo Gitarren unverzerrt bleiben, so Jacques. „Unsere Musik ist jetzt experimenteller als in unserer Anfangsphase, wo es halt klassischer Death Metal der 90-er war“, sagt er. Kraton wird oft dem Post-Doom Metal zugeschrieben, einem atmosphärischen und melancholischen Metal-Genre, das Elemente aus Post-Rock und Stoner Rock aufgreift. Bei einigen Bands des Genres hört man sogar Folk-Elemente heraus.

Die Songtexte, die Sänger Mike Bertemes schreibt, handeln von Verzweiflung, Angst und Trauer. „Für uns ist Kraton eine starke Form der Therapie. Es sticht viel von uns selbst in der Musik. Wir brauchen die Musik, um Dinge zu verarbeiten“, erklärt Jacques.

Im Gegensatz zum klassischen Metal, in dem das Image des „tough guy“ oft immer noch dominiert, geht man im Post-Metal und Post-Doom offener mit seinen Gefühlen um, sagt Jacques. „Die Gesellschaft hat sich verändert, Menschen sind reflektierter und wollen auch andere Sachen thematisieren.“

Metal ist immer noch ein Nischen-Genre, was auch bedeutet, dass die Möglichkeiten für Live-Auftritte zuhause begrenzt sind. „Wer zugänglichere Musik macht, kann auf einer Fête de la Musique oder einer Scout-Kirmes spielen. Metal hat sein eigenes Publikum und da ist man in Luxemburg sehr schnell durch“, sagt Jacques. In Sachen Touren ist die luxemburgische Metalszene trotzdem unermüdlich. Man spielt halt sehr viel im Ausland. „Wir sind gezwungen, über die Grenzen hinweg zu gehen, und das ist auch gut so.“

Dabei kommt es natürlich vor, dass man als unbekannte Band im Ausland in kleinen Lokalen vor wenigen Menschen spielt. Die Konzerte, die Kraton in Bristol und Newport spielten, fanden an Wochentagen statt und waren eher spärlich besucht. Doch Metalheads sind leidenschaftliche Musikfans.

„Das Feedback der Leute, die da waren, war extrem positiv“, sagt Jacques über den Auftritt in Bristol. „Außerdem weiß man nie, wer im Publikum ist“, so der Gitarrist, der bereits Nachrichten von Leuten erhielt, die Kratons Musik nach dem Konzert begeistert an Freunde weitergeschickt haben. „Ein deutsches Paar, das da war, hat uns nach Rostock eingeladen“, erzählt Véronique Conrardy.

Die Erwartungen für das Konzert in London waren groß. „Vier Bands, Camden, Freitagabend – das musste alles helfen“, sagt Jacques. Der freie Eintritt und der Ruf des Dev als freundlicher und inklusiver Metal-Pub führten dazu, dass das Lokal gut gefüllt war.

Kratons Auftritt war höchst professionell. Die Band benutzte ein In-Ear-Monitoring System, das es den Musikern ermöglicht, ihr Set per Kopfhörer abzuhören und präzise abzumischen. Der Sound war für ein Pub-Konzert demnach erstaunlich klar. Mike Bertemes drückt seinen Schmerz mit Leidenschaft aus, sein Growl-Gesang zeugt von extremer körperlicher Hingabe. Die Zuschauer waren sichtlich in die düster-atmosphärische Welt der Band eingetaucht, manche headbangten.

Das Konzert in London hat sich für die Band gelohnt. „Wir sind sehr zufrieden, es hat großen Spaß gemacht“, schrieb Jacques am Abend nach dem Konzert. „Wir haben tolles Feedback bekommen und noch viel Merch verkauft.“

Claire Barthelemy
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